Junioren-Bundesliga/DFB-Nachwuchsliga
Mit der Saison 2024/25 sind die Junioren-Bundesligen Vergangenheit. An ihre Stelle tritt die DFB-Nachwuchsliga.
Was wird sich ändern?
Bisher ist die A- und B-Junioren-Bundesliga in jeweils drei Staffeln eingeteilt. In Zukunft wird zunächst eine regionale Vorrunde gespielt, der sich eine Hauptrunde anschließen wird – aufgeteilt in eine Liga A und B. In der Liga A der Hauptrunde kann es zu überregionalen Duellen und somit zu Spielen auf Top-Niveau kommen.
Alle Vereine mit einem Leistungszentrum (LZ) sind dauerhaft in der DFB-Nachwuchsliga vertreten. Während der Saison stoßen zur Hauptrunde die Mannschaften von maximal elf Amateurvereinen zum Teilnehmerfeld und können sich für die Vorrunde der kommenden Saison qualifizieren.
Die Vorteile der Reform laut DFB:
„Im neuen System ist der Ergebnisdruck für Vereinsverantwortliche aufgrund der gesicherten Ligazugehörigkeit der LZ geringer, sodass die Spieler sich individuell besser entwickeln können.
Der Aufwand kann in einzelnen Saisonphasen durch die geringen Wegstrecken verringert werden, die Anzahl von Spielen auf vergleichbarem Leistungsniveau wird erhöht.
Jedes Jahr nehmen garantiert mehr Amateurvereine am höchsten Wettbewerb teil als bisher, nämlich elf ab 2024/2025 statt durchschnittlich 5,5 wie in den Spielzeiten 2014/2015 bis 2019/2020. Es können sich mehr Amateurvereine dauerhaft in der höchsten Spielklasse etablieren beziehungsweise werden zur Hauptrunde hinzukommen.
Der ‚starke‘ Jahrgang der Amateurvereine wird mit der Teilnahme an der DFB-Nachwuchsliga belohnt und nicht mehr der Folgejahrgang. Stieg bislang zum Beispiel der Jahrgang 2004 in die A-Junioren-Bundesliga auf, war dann in der Folgesaison aber „zu alt“ für diesen Wettbewerb, so spielte der möglicherweise sportlich schwächere Jahrgang 2005 in der Junioren-Bundesliga und konnte das entsprechende Leistungsniveau nicht erreichen. Dieses Schema wird nun durchbrochen.
Die neuen Wettbewerbe sollen der Überprüfung der im Training erarbeiteten Lerninhalte dienen – und nicht der (zu) frühen taktischen Gegner-Vorbereitung. Die individuelle Entwicklung hat gegenüber Mannschaftstaktiken künftig Vorrang.
Durch ein vergleichbares Leistungsniveau im Wettbewerb soll Erfolgsorientierung belohnt und Misserfolgsvermeidung reduziert werden.“
Klingt nach einer Korrektur in die richtige Richtung. Die Vereine und ihre Trainer sollen sich mehr auf die Entwicklung von Spielern denn auf Tabellenränge konzentrieren. Die Regelung bezüglich der Amateurvereine verhindert immerhin, dass es zu einer reinen LZ-Veranstaltung wird, wo am Ende alle Teams einen ähnlichen Fußball spielen. Da fehlt dann etwas in der Ausbildung.
2013 war ich beim Super Cup Northern Ireland Zeuge einer Diskussion zwischen Paul McGuinness, verantwortlich für die U17 von Manchester United (u.a. mit Marcus Rashford), und den Veranstaltern. McGuinness beschwerte sich darüber, dass er auch gegen Gegner spielen musste, die keine academy teams waren. Gemeint waren die Auswahlteams der nordirischen Grafschaften. In England hatten sich die academy teams auf eigene Spielregeln verständigt. Die nordirischen county teams waren technisch gut, nicht von ungefähr ist der Super Cup NI ein Stelldichein für die Scouts englischer Profiklubs. In der Regel agierten sie eher defensiv und warfen auch ihre Physis in die Waagschale. Im Finale gegen die Auswahl der Grafschaft Tyrone hatte United allergrößte Schwierigkeiten, die Oberhand zu behalten. Und dies nicht, weil Tyrone übertrieben hart spielte. Tyrone agierte defensiver, spielte aber mit. Es war eine klare Handschrift des Trainers zu erkennen. Ich fand, dass diese Kräftemessen mit den county teams für die Ausbildung der United-Kicker gute Lerneinheiten waren. Denn in ihrer folgenden Profikarriere würden ihnen auch nicht nur Teams begegnen, die nach ihren Spielregeln spielen.
Zurück zur neuen DFB-Nachwuchsliga. Sie trägt der Tatsache Rechnung, dass es LZ-lose Vereine gibt, in denen besser gearbeitet wird als an einigen LZ-Standorten. Beispiel das vom Union Berlin-Manager Oliver Ruhnert diesbezüglich gelobte Preußen Münster.
Das neue System wirkt letztlich aber „nur“ unterstützend. Den gewünschten Effekt wird es nur geben, wenn bei den Vereinen ein entsprechendes Umdenken stattfindet.
Das ist nicht einfach, denn die Probleme beginnen schon weit unterhalb eines Profivereins und seines LZ. Schon im Nachwuchs von Amateurvereinen geht es häufig alles andere als „gesittet“ zu. Die Ausbildung steht auch hier nicht immer im Vordergrund, die Ergebnisorientierung ist nicht weniger ausgeprägt als bei den Nachwuchsabteilungen der Profiklubs.
Beispiel aus dem Alltag eines Amateurvereins: Vor vielen Jahren wurden bei den Minikickern die Tabellen abgeschafft. Fanden alle gut. Was einen Minikicker-Trainer nicht daran hinderte, am Ende der Spielrunde seine Mannschaft als „ersten Minikicker-Meister in der Geschichte des Vereins“ zu ehren. Ich bin mir sicher, dass auch er die Reform begrüßt hatte. Aber als dann seine Mannschaft jedes Wochenende gewann…
Auch im Nachwuchsfußball von Amateurvereinen dominiert der „Titeltrainer“. Häufig angespornt von Teilen der Elternschaft. Wer am Rande eines Spiels einer Jugendmannschaft lauscht, vernimmt dort nichts anderes als beim Spiel eines Bundesligisten. „Der Trainer hat falsch aufgestellt“, „dritte Niederlage in Folge – da muss der Jugendvorstand endlich handeln!“, „der Spieler X gehört überhaupt nicht in diese Mannschaft!“ etc. Die Eltern sind der Boulevard des Nachwuchsfußballs.
Der Trainer will nach oben. Auch in den Tiefen des Nachwuchsfußballs eines Amateurvereins misst mensch ihn primär an Spielergebnissen. Es sind Spielergebnisse mit denen er auf sich aufmerksam macht – nicht die Inhalte seiner Trainingsarbeit.
Befeuert wird dies durch ein viel zu differenziertes Ligensystem unterhalb der Junioren-Bundesliga, das dazu geführt hat, dass schon im Nachwuchs des Amateurfußballs viel gewechselt wird. Und dies schon ab der U11. Die Über-Differenzierung des Ligawesens hat im Nachwuchsfußball von Amateurvereinen die Entstehung eines riesigen Spielermarkts bewirkt. Mit der Folge, dass Scouting die Ausbildung verdrängt. Bereits U13 – und U15-Fußball sind „Erwachsenenfußball“. Der Aufgabenbereich des Nachwuchstrainers ähnelt dadurch dem eines Seniorentrainers.
In der Altersklasse U15 gibt es die Kreisliga (in sich auch noch einmal differenziert), die Leistungsliga (oder Kreisliga A), die Bezirksliga, die Landesliga, die Verbandsliga. Darüber dann noch die Regionalliga, in der u.a. der Nachwuchs der Profivereine spielt, die wir hier aber mal außen vor lassen.
Ein Spieler, nennen wir ihn „Jonas“, spielt in der U11 noch beim Heimatverein. Anschließend wird er vom U13-Trainer eines anderen Amateurklubs abgeworben. In der U15 ist „Jonas“ bei seinem dritten Klub, da dessen Mannschaft in dieser Altersklasse in der Bezirksliga spielt. Aber nicht dessen U17, weshalb auch hier nach spätestens zwei Jahren Schluss ist. In der U19 spielt er dann beim fünften Verein, weil dieser noch eine Klasse höher kickt. „Beratend“ im Hintergrund: Der Vater. Fünf Vereine in der Jugend sind keine Seltenheit – und das Ganze im Milieu des Amateurfußballs, unterhalb der LZs der Profivereine. Im Seniorenfußball sehen wir „Jonas“ dann in der Kreis- oder Bezirksliga kicken. Vielleicht aber auch gar nicht mehr. Viel Aufwand für wenig Ertrag.
Auch im Nachwuchsfußball eines Amateurvereins wird häufig mehr „gescouted“ als ausgebildet. In meinem Verein hatten wir einen U15-Trainer, dessen Arbeit vorwiegend darin bestand, Spieler anderer Vereine anzusprechen. Es ging lediglich um die Bezirksliga, aber der Trainer wollte in die Landesliga. In der Stammformation standen nur noch zwei, maximal drei Spieler aus dem eigenen Stall. Die eigenen Talente, und hiervon gab es einige, nur waren diese physisch (noch) „zu schwach“, wurden in die zweite und dritte Mannschaft verbannt. Das Training? Inhaltlich eine Katastrophe. Eine Ausbildung fand nicht statt. Mit Folgen für den Verein. Die geholten Spieler wanderten weiter (höherklassigen Fußball spielte später aber keiner von ihnen…), nun mussten Spieler aus der C2, C3 die Lücken füllen, die zuvor vernachlässigt wurden und somit ein Ausbildungsdefizit plagten. In Sachen Ausbildung blieb für den Verein unterm Strich so gut wie nichts. Es entstand eine Ausbildungslücke, die zur Folge hatte, dass die 1. Mannschaft von der Landesliga in die Kreisliga abstieg – weil die Jugendabteilung nicht mehr lieferte.
Möglich war dies aber nur, weil die Eltern der „eingekauften“ Spieler dieses Spiel häufig begeistert mitmachen: „Mein Sohn spielt jetzt in der Bezirksliga!“ (Wodurch Papa auch ein Stück größer wird.) Wirkt furchtbar lächerlich, ist aber die Realität. Väter agieren aber nicht nur als „Spielerberater“, sie handeln auch mit ihren Söhnen. Es ist häufig der Vater, der bestimmt, wohin es in der nächsten Saison geht, der die Kontakte knüpft etc. Noch einmal: Wir reden hier nicht von Wechseln ins LZ eines Profivereins….Es geht um den Wechsel von der Kreis- in die Bezirksliga etc., von einem Amateurverein zum anderen.
Als Trainer habe ich eine Mannschaft von der F- bis zur A-Jugend geführt. Der Jahrgang startete mit einer 0:11—Niederlage, wurde später wiederholt Meister – und Pokalsieger im Kreis und maß sich auf internationalen Turnieren mit Teams wie Go Ahead Eagles, Cruz Azul, Sheffield United, Spartak Moskau und der irischen U16-Nationalelf. Drei Spielern gelang der Sprung in der U19-Bundesliga, einer wurde U19-Nationalspieler. (Ein vierter Spieler hatte das Zeug zum U19-Bundesligaspieler, wollte aber nicht.) Im Zeitraum von zehn Jahren gab es nur zwei externe Zugänge. Ein Spieler dockte auf Grund eines Umzugs bei uns an, der andere kam uns zugelaufen, wurde nicht abgeworben. Unsere Trainer-Generation war dazu „gezwungen“, mit dem vorhandenen „Material“ zu arbeiten, Spieler besser zu machen. Der Wechselzirkus zwischen den Amateurvereinen begann erst später. Auch die Elternschaft war damals noch anders. Weniger fanatisch, gegenüber Verein und Trainer weniger fordernd, nicht nur auf das Fortkommen des eigenen Jungen fokussiert, mehr unterstützend.
In meiner Zeit als Jugendtrainer (1995 bis 2007) verbrachte ein Altenberger Junge seine gesamte Jugend beim TuS Altenberge 09. War er richtig gut, wechselte er zu Preußen Münster. Aber frühestens in der C-Jugend. In einem Fall war es Borussia Dortmund. Heute gibt es zwischen dem TuS und Preußen Münster noch fünf bis zehn weitere vermeintlich attraktive Optionen. Und gewechselt wird schon im Übergang zur U13. Dabei geht es stets um die Liga. Nie darum, ob der Trainer und der Verein die richtigen Adressen für die Entwicklung des Jungen sind.
Zum Profifußball: Vor einigen Jahren wurde mir folgende Geschichte erzählt. Bevor der Sportdirektor eines Profivereins mit dem U19-Trainer den Vertrag verlängert, druckt er noch schnell die Tabelle der U19-Bundesliga aus. Grundlage für die Verhandlungen ist also der Tabellenplatz. Nicht die Frage: Wie haben sich die Spieler entwickelt? Wie viele aus deiner Mannschaft schaffen den Sprung in den Profibereich?
Und wie gut und intensiv bilden einige Profivereine tatsächlich aus, wenn die Stärke ihrer Teams auf Transfers aus anderen LZs und den Akademien ausländischer Klubs beruht?
Ich denke, die Reform hat ganz viel Gutes. Aber trotzdem bleibe ich skeptisch, ob sich durch diese das Denken und die daraus resultierende Praxis grundsätzlich etwas ändern wird. Ich fürchte, die DNA ist verrutscht, was auch mit der Entwicklung der Gesellschaft zu tun hat. Der Fußball insgesamt ist ein bisschen krank.
Der Schlüssel zur Veränderung liegt in letzter Instanz beim Verein und dessen Philosophie. Welche Rolle misst er der Ausbildung bei? Ist das LZ nur eine Pflichtveranstaltung, Alibi etc., oder will der Verein mit Hilfe dieser Einrichtung Werte schaffen? Nach welchen Kriterien verfährt er bei der Verpflichtung von Trainern? Wie setzt er die Leitplanken, innerhalb derer sich Sportdirektor und Trainer bewegen sowie Spieler und Mannschaften sich entwickeln sollen? Ist er bereit und dazu in der Lage, auch mal gegen den Strom zu schwimmen und bei Misserfolgen nicht immer gleich alles über den Haufen zu schmeißen? Ein Trainer wird dann den Fokus auf die Ausbildung richten, wenn er sich seines Jobs sicher ist. Wenn er nicht primär am Spieltag gemessen wird. Wenn er weiß, dass die Philosophie des Klubs und der darauf basierende Fünf- oder Siebenjahresplan tatsächlich gilt, unverrückbar ist. Aber wie viele Vereine gibt es, die konsequent so verfahren?
U21/U23-Mannschaften
Ein großer Fehler war die Abschaffung der U21/U23-Mannschaften durch einige Vereine. (Eintracht Frankfurt hat dies mittlerweile korrigiert.) Die DFL müsste diese für die 1. und 2. Bundesliga verpflichtend machen. Der DFB könnte dies für die 3.Liga tun.
Bleiben wir bei der 3. Liga, ursprünglich zur „Ausbildungsliga“ deklariert. Was in dieser Liga vermutlich nur für die zweiten Mannschaften des SC Freiburg und von Borussia Dortmund gilt. In dieser Liga steigen vier Teams ab und bis zu drei auf – d.h. von Saison zur Saison kann sich die Zusammensetzung der Liga um ein gutes Drittel verändern. Aus finanziellen Gründen wollen viele Klubs mit aller Macht eine Etage höher – abgesehen von Freiburg und Dortmund, die nicht aufsteigen dürfen. Bei vier Absteigern ist die Abstiegsangst extrem.
Angesichts dieser Situation setzt kaum ein Verein und Trainer auf die Entwicklung von jungen Spielern. Die Trainer schon gar nicht. Es sei denn, er arbeitet bei einem Klub wie den SC Freiburg, wo mensch auch absteigen darf. Da die Amtszeit der Trainer in der Regel kurz ist, geht es ihnen vorrangig um die eigene Karriereplanung. Wer will es ihnen verdenken? Niemand wird den Trainer dafür loben, dass er jungen Talenten eine Chance gegeben hat, wenn die Ergebnisse nicht stimmen. Auch ein Großteil des Sportjournalismus interessiert sich nicht dafür, was zwischen zwei Spieltagen stattfindet – Transfergerüchte und wackelnde Trainerstühle ausgenommen.
In der 3. Liga müssen stets mindestens vier Spieler im 18-Mann-Spieltagskader stehen, die zu Saisonbeginn das 23. Lebensjahr nicht vollendet haben und noch für eine deutsche Nationalmannschaft spielberechtigt sind. Hört sich gut an. Heißt aber noch lange nicht, dass diese Spieler auch spielen. Viele von ihnen sind lediglich „Füll-Kandidaten“. Verfügt der Verein über keine U21/U23, bekommen sie kaum Spielpraxis, was sie nicht besser macht.
Bei den U21/U23-Teams geht es auch um die sogenannten Spätentwickler. Aber nicht nur. Dafür haben zu viele heute „große Fußballer“ zunächst in solchen Team gespielt: Frankie de Jong und Matthijs de Ligt spielten zunächst für Ajax II, Virgil van Dijk für Groningen und Cambuur Leuwaarden II, Donyell Malen für Arsenal U23 und PSV Eindhoven II etc.
Wer sich im ersten Jahr Senioren noch nicht in einer der drei Profiligen durchsetzen kann, ist deshalb noch kein Spätentwickler. Der Sprung von den Junioren zu den Senioren ist enorm. Der Spieler misst sich nicht mehr mit Gleichaltrigen, sondern mit Akteuren, die fünf, zehn und mehr Jahre älter sind und über eine entsprechende Erfahrung und Wettkampfhärte verfügen. Mancher Spieler, der aus der U19-Bundesliga in die Regionalliga oder Oberliga wechselt, benötigt auch hier eine Phase der Akklimatisierung.
Es geht bei den U21/U23-Teams auch und gerade um Spielpraxis, wie Christian Eichler, Trainer des Karlsruher SC und ein Befürworter dieser Teams, unlängst befand.
Zu überlegen wäre: Aus der U19 eine U18 machen. Und die U19-Spieler spielen bereits in der U21/U23.
Diesbezüglich ist auch immer wieder von einer „eigenen Liga“ die Rede. Was aber bedeutet, dass man sich weiterhin nur mit der eigenen Altersklasse misst. Wenngleich die Altersspanne nun drei bis vier Jahre betragen kann. Aber in der Ober- oder Regionalliga ist der Lerneffekt sicherlich größer. Eine starke Oberliga ist für einen 18- oder 19-jährigen eine größere Herausforderung als die U19-Bundesliga.
Leistungszentren (LZs)
Sie haben ihren Beitrag dazu geleistet, dass die DFB-Elf 2014 Weltmeister wurde. Aber irgendwie erscheinen sie doch als überarbeitungsbedürftig. Das inhaltliche Angebot wirkt relativ identisch. Am Ende steht zu häufig derselbe Spielertyp. Die strukturellen und personellen Vorgaben erscheinen als überhöht, weshalb sich einige Vereine bei der Evaluierung ein bisschen zum Schummeln genötigt fühlen.
Und auch hier viel „Scouting“. In ausländischen Akademien, in anderen LZs. Nicht jedes „Eigengewächs“, mit dem ein Klub prahlt, ist tatsächlich ein „Eigengewächs“. Um den LZ-Tourismus einzudämmen, könnte man beschließen: Ein Wechsel wird nur dann gestattet, wenn der Spieler offensichtlich zu wenig Spielpraxis bekommt. Ansonsten droht eine Sperre.
Mehr inhaltlicher Pluralismus täte ebenfalls gut. Zumal es ohnehin unterschiedliche Vorstellungen davon gibt, was „guter“ und „richtiger“ Fußball ist. Spieler X entscheidet sich dann vielleicht für das LZ des FC Ingolstadt anstatt für das des FC Bayern – weil die inhaltliche Akzentsetzung in Ingolstadt seine Fähigkeiten besser bedient und seiner Karriere förderlicher ist. Er entscheidet nicht danach, welcher Verein den größeren Namen hat.
Trainerausbildung und A-Lizenz
Last but not least einige Sätze zur Reform der Trainerausbildung und A-Lizenz. Sicherlich ist es richtig, ja dringend notwendig, dem „Nagelsmann-Effekt“ zu begegnen. Der Aufstieg von Julian Nagelsmann hatte zur Folge, dass zu viele junge Trainer glaubten, sie müssten mit 25 die A-Lizenz und mit 28 den Fußballehrer backen, um mit 29 in der Bundesliga in der Coaching-Zone zu stehen. Erfahrung? Nicht nötig. Julian Nagelsmann ist ein herausragendes Trainertalent, von denen es aber nicht hunderte gibt. Und seine Zeit beim FC Bayern hat auch gezeigt, dass er hier vielleicht den dritten vor dem zweiten Schritt getan hat. Thomas Tuchel ist vermutlich wirklich ein noch besserer Trainer als Nagelsmann – weil 14 Jahre älter (Nagelsmann ist aber auch ein Beispiel dafür, wie Klubs ihr Geld aus dem Fenster schmeißen. Ökonomisch betrachtet war die Nagelsmann-Verpflichtung eine Katastrophe. Wenn ich einen jungen Trainer hole, dann muss ich für einen Rahmen sorgen, innerhalb dessen er sich entwickeln kann. Und ihn nicht bei erstbester Gelegenheit entlassen. Der BVB hat dies in Sachen Edin Terzic besser gemacht.)
Vermutlich ist die neue A-Lizenz inhaltlich eine sehr gute Sache. Aber die Zulassungskriterien sind unverständlich und gehen in die falsche Richtung, wenn ein sportwissenschaftliches Studium und die Spielerlaufbahn mehr wiegen als Trainererfahrung.
Ich plädiere für mehr Pluralismus in der Trainerausbildung, für unterschiedliche Bildungswege. Die ersten beiden Stufen einer Ausbildung könnten beim DFB liegen. Anschließend könnte es mehrere, konkurrierende Angebote geben. Die Vereine können dann entscheiden, welche „Schule“ und welche Form der Qualifikation sie bei der Trainerwahl bevorzugen. Gewisse Standards sollten allerdings für alle Schulen gelten.
Die Alternative wäre, dass der DFB selber einen gewissen Pluralismus zulässt. Wenn sich die Drittligisten Unterhaching und Lübeck für Trainer entscheiden, die nicht über die vom DFB geforderte Lizenz verfügen, dann deshalb, weil sie die Qualitäten dieser Trainer besser kennen als der Verband. Und der Auffassung sind, dass diese zu ihrem Verein, dessen Philosophie und dessen Ambitionen sehr gut passen, dass diese sehr gut geeignet sind, den Verein sportlich-konzeptionell weiter zu entwickeln.
Schlusswort
Allerhöchsten Respekt vor den Menschen beim DFB, die sich Gedanken darüber machen, wie es besser laufen könnte. Was alles andere als einfach ist in einer Zeit, wo die Autorität des Verbands ziemlich am Boden liegt und von den Profiklubs zusehends untergraben wird. Hinzu kommen die manchmal ganz eigenen Interessen der Landesverbände.
Und ein fußball-spezifischer Konservativismus: Ich erinnere mich noch an die erste Fortbildungsoffensive im eigenen Verein. 20 bis 25 Trainer absolvierten damals die C-Lizenz. Herausragende Ausbilder, im Fußballkreis Münster hatten wir diesbezüglich immer Glück. Aber ein Drittel der Teilnehmer verstand auch nach der zehnten Einheit nicht, warum „Entengang“ und „Huckepacktragen“ den Fußballer koordinativ und technisch nicht besser machen, warum es blöd ist, wenn ein Kind beim (statischen) Torschusstraining zehn Minuten warten muss, bevor der Ball vor seinen Füßen liegt. „Warum soll das alles falsch sein, was wir früher gemacht haben? Wir waren damit doch erfolgreich?“ Ja, damals…Der Effekt unserer Ausbildungsoffensive blieb somit begrenzt…